Eine geniale Idee des Urvaters der Genossenschaften, Friedrich Wilhelm Raiffeisen, hat die Lebenssituation vieler Landwirte und Handwerker ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erheblich verbessert. Durch die Gründung der ersten Genossenschaftsbank nach heutigem Verständnis wurde es möglich, dass beispielsweise Bauern günstige Darlehen bekommen und sich mehr Unabhängigkeit verschaffen konnten. Menschen, die bislang keine Möglichkeiten hatten, einen Zugang zum Kapitalmarkt zu erhalten, war dies plötzlich Realität. Statt Wucher und Ausbeutung war es möglich, dass durch Einlagen der einen, der Kapitalbedarf der anderen zu fairen Konditionen gedeckt werden konnte. Das Rezept dahinter: Hilfe zur Selbsthilfe schafft Augenhöhe und Partnerschaftlichkeit.
Heute sind viele Menschen auf der Suche nach einer Wohnung. Neben privaten Wohnungsanbietern engagiert sich in Lindlar auch die gemeindeeigene Bau-, Grundstücks- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (BGW) für bezahlbaren Wohnraum mit inzwischen 104 Wohnungen.
Die CDU-Lindlar möchte dennoch etwas Neues wagen: Mit der Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft könnte die bewährte Idee von damals eine Innovation von heute für den Lindlarer Wohnungsmarkt werden. Die Idee ist, dass viele Menschen in Lindlar Anteile an einer noch zu gründenden Wohnungsbaugenossenschaft erwerben, und im Gegenzug die Chance auf eine Dividende deutlich oberhalb des aktuellen Zinsniveaus haben. Gleichzeitig entsteht durch dieses Geld mehr Wohnraum zu fairen Konditionen für Wohnungssuchende. Dadurch würde ein Geschäftsmodell entstehen, welches auf Partnerschaft und Fairness ausgerichtet ist und urdemokratischen Prinzipien folgt. Denn jedes Mitglied der Genossenschaft hat unabhängig von der Höhe der Einlage genau eine Stimme. In Abstimmungen und Wahlen würde gemeinsam über die Geschicke der Genossenschaft befunden. So würde aus dem Geld der Mitglieder zunächst ein Haus für bezahlbaren Wohnraum errichtet. Gemeinsam Werte schaffen und erhalten – nicht nur ein schöner Gedanke, sondern eine erreichbare Realität.
Im Rahmen einer Sonderfraktionssitzung am 15.08.2020 hat sich die CDU einstimmig für die Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft ausgesprochen. Für die CDU-Lindlar deckt sich dieses Geschäftsmodell von Menschen für Menschen mit dem christlichen Prinzip der Teilhabe im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, wonach die Hilfe zur Selbsthilfe ein wesentlicher Baustein des Zusammenhalts einer Gesellschaft darstellt. Diese Betrachtung stellt den Menschen mit seinen Fähigkeiten und Begabungen in den Mittelpunkt staatlichen Handelns. Dies bedeutet mehr Raum für eigene Initiativen und weniger Bevormundung durch den Staat. Die Hilfeleistung des Staates (= lat. subsidium) sollte erst dann eintreten, wenn die Gemeinschaft ein Problem nicht mehr zu bewältigen weiß. Eine solche Auffassung stärkt nach Meinung der CDU den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Dies ist ein guter Grund, den Gedanken des einstigen Kommunalbeamten und frommen Christen Raiffeisen neu zu leben: „Was einer nicht schafft, schaffen viele.“ Für Lindlar läge die Chance darin, modernes Wohnen gemeinsam zu denken, zu modellieren und auch das Miteinander zu moderieren.
Ein Gründungsteam für eine Wohnungsbaugenossenschaft steht bereits parat. In den nächsten Wochen wird sich eine Arbeitsgruppe der CDU-Fraktion und -Partei mit den weiteren, konkreten Schritten zur Gründung eines neuen Gemeinwerks von Lindlarern für Lindlarer intensiv befassen. „Wohnraum schaffen zum Mitmachen – Das Prinzip ist bewährt und gibt es in vielen Städten und Gemeinden. Dennoch wäre dies in Lindlar etwas Neues. Wenn man dann beim genossenschaftlichen Wohnen auch Angeboten für beispielsweise Senioren oder junge Leute berücksichtigt, könnte dies ein großer Wurf für ein generationenübergreifendes Miteinander werden. Dies wollen wir gemeinsam mit vielen für viele wagen.“, sagt Sven Engelmann, Vorsitzender des CDU-Gemeindeverbandes.
„Die zukünftigen Angebote einer Wohnungsbaugenossenschaft sollen weder andere Anbieter vom Markt verdrängen noch soll sie die wertvolle Lindlarer BGW ersetzen. Sie wäre eine perfekte Ergänzung beispielsweise für gemeinsame Pilotprojekte alternsgerechten Wohnens zu günstigen Preisen in Lindlars Kirchdörfern“, ergänzt Hans Schmitz, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion.